Publikationen von Thea Sternheim
Tagebücher 1903–1971
Thea Sternheim: Tagebücher 1903–1971, hrsg. und ausgewählt von Thomas Ehrsam und Regula Wyss im Auftrag der Heinrich Enrique Beck-Stiftung, 5 Bde., zweite, durchgesehene Auflage, Göttingen: Wallstein Verlag 2011.
Thea Sternheim, intelligent, schön, hochgebildet, musisch begabt und reich, war die zweite Frau und Muse des Dramatikers Carl Sternheim. Mit ihm baute sie ein Schloss bei München, verkehrte in den Schriftsteller- und Künstlerkreisen der Belle Epoque und gehörte zu den ersten Van-Gogh-Sammlern Deutschlands.
Die Ehe mit dem zunehmend größenwahnsinnig werdenden Sternheim zerbrach, zwei Kinder wurden drogensüchtig. Auf sich allein gestellt, emigrierte sie 1932 nach Paris, wo sie dank ihrer Freundschaft mit André Gide Zugang zu den französischen Intellektuellenkreisen hatte. Sie blieb, langsam verarmend, 30 Jahre in Paris – nur unterbrochen von der Internierung im französischen Lager Gurs. Mit 80 Jahren zog sie nach Basel, wo sie 1971 starb.
Von 1903 bis 1971 schrieb sie Tagebuch, fast 34.000 Seiten. Diese Aufzeichnungen zeugen von einer Frau, die sich der Kunst und Literatur verschrieben hat, eine eigenwillige, kirchenferne Religiosität lebt und dabei politisch hellwach ist. Sie spiegeln das äußere wie das innere Leben: die Begegnungen mit Persönlichkeiten wie Benn, Picasso, Max Ernst, Max Reinhardt und die Chronik der politischen Katastrophen, daneben den Kampf um Selbständigkeit und geistige Orientierung in einer aus den Fugen geratenen Zeit.
Die Buchausgabe enthält etwa ein Drittel des »Jahrhunderttagebuchs«, die CD-Rom erstmals den vollständigen transkribierten Text.
(Verlagsinformation)2003 wurde Thomas Ehrsam und Regula Wyss der Carl-Otten-Preis für ihre editorische Leistung als Herausgeber/in der Thea-Sternheim-Tagebücher verliehen.
»Eine unbeendbare Lektüre – man liest sich hinein, überspringt, liest sich abermals fest, liest zurück, tagelang, wochenlang, als Zeitgenosse, als Überlebender, als einer, der zurückblickt in ein unvergesslich sprechendes Gesicht.«
Friedhelm Kemp, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Und weil wir es überdies mit einer brillanten Stilistin zu tun haben, lohnt es sich, die Aufzeichnungen, ungeachtet ihres Umfanges, wie einen Roman zu lesen.«
Gieri Cavelty, Neue Zürcher Zeitung
»Ich lese in den vorliegenden Tagebüchern von Glück und einer Menge Qual, von sehr viel Ratlosigkeit und gelegentlich grosser Entschlossenheit. Das ›Gesicht‹ Thea Sternheims steht deutlich vor mir.«
Guntram Vesper, Die Zeit
Gottfried Benn –
Thea Sternheim, Briefwechsel und AufzeichnungenGottfried Benn – Thea Sternheim: Briefwechsel und Aufzeichnungen. Mit Briefen und Tagebuchauszügen Mopsa Sternheims, hrsg. von Thomas Ehrsam, Göttingen: Wallstein Verlag 2004.
Das bewegende Zeugnis einer tiefen und lebenslangen Freundschaft, unterbrochen nur im Dritten Reich, als sich die Wege der Emigrantin und des Daheimgebliebenen abrupt, wenn auch nur vorübergehend trennen.
Noch ein Liebesbriefwechsel Gottfried Benns? Nein, die lebenslange Freundschaft Benns (1886-1956) mit Thea Sternheim (1883-1971) war keine erotische, sie basierte vielmehr auf gegenseitigem Vertrauen und Verehrung. Verehrung für den Dichter und einen der »wenigen Menschen, die ein inneres Leben führen« hier, Verehrung für die kluge und allem Schöpferischen offene »grande dame« dort. Private Katastrophen und nicht weniger katastrophale politische Bekenntnisse sorgen allerdings dafür, daß es nicht bei Verbeugungen bleibt.
Die Beziehung beginnt für die Pazifistin Thea Sternheim mit einer Irritation: Der Dichter, der 1917 den Dramatiker Carl Sternheim und seine Frau in Brüssel erstmals besucht, erweist sich als preußisch strenger Militärarzt, der den Krieg als Fakt hinnimmt, ohne nach Recht und Unrecht zu fragen. »Wie kommt«, fragt sich die Gastgeberin, »sein Wortschatz so ins Blühen?«
In den zwanziger Jahren ist Benn mit Thea Sternheims Familie gleich mehrfach verbunden: Ihre Tochter Dorothea (Mopsa, 1905-1954) hat eine kurze und unglückliche, lebensbestimmende Affäre mit ihm; der zunehmend größenwahnsinnige und schließlich zusammenbrechende Carl Sternheim (1878-1942) wird von Benn ärztlich betreut. Sie selbst findet in ihm den Vertrauten ihrer familiären Krisen. 1933 aber, als Benn den Nationalsozialismus begrüßt, bricht die bereits nach Paris emigrierte Partnerin jeden Kontakt brüsk ab – und nimmt ihn dann doch nach dem Krieg wieder auf. Benn reagiert sofort und dankbar mit langen und ergreifenden Briefen über Kriegsjahre und seine Situation im zerstörten Berlin. Die alte Freundschaft beginnt von neuem; er bringt Thea Sternheims Roman [»Sackgassen«] bei seinem Verlag unter und spricht mit ihr über das Thema einer seiner letzten Reden: »Altern als Problem für Künstler«.
In den Briefwechseln – je etwa 70 Schreiben – sind die Tagebuchaufzeichnungen Thea Sternheims zu Benn eingefügt, die Zeugnis ablegen von einer kritischen Bewunderung, die auch dann nicht aufhört, als die politische Auseinandersetzung zur Abrechnung wird. Ergänzt wird der Band durch die Tagebuchnotizen Mopsa Sternheims.
(Verlagsinformation)»Dieses vielstimmige, lebensvolle, von der Geschichte des 20. Jahrhunderts vollgesogene und imprägnierte Buch legt man so schnell nicht aus der Hand. Es ist ein grosser, zuweilen bestürzender Bericht aus der Epoche, die den Ersten Weltkrieg, den Aufstieg des Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit umspannt. Es handelt von der Bindungskraft und der Sprengkraft des Schreibens und des Lesens.«
Lothar Müller, Süddeutsche Zeitung
»Ihre [Thea Sternheims] Briefe und Tagebuchnotizen sind das beeindruckende Zeugnis einer klar denkenden, klug handelnden Frau, die an Benn erkennen musste, dass literarischer Rang und politisch-moralische Verblendung vereinbar sind.«
Wolf Lepenies, Literarische Welt
»Der Zürcher Germanist Thomas Ehrsam […] kombiniert dieses Material mit über 400 Benn betreffenden Tagebucheintragungen der beiden Frauen. Im Gegenschnitt von Brief und Tagebuch liegt das Besondere dieser schönen, mit Esprit, Akribie und Umsicht erarbeiteten Ausgabe. Sie lässt Selbstgespräch und Reflexion neben die freundschaftliche Mitteilung treten und schafft so ein polyperspektivisches Bild von höchster Strahlkraft.«
Manfred Papst, NZZ am Sonntag
Sackgassen
Thea Sternheim: Sackgassen. Roman, Wiesbaden: Limes Verlag 1952. Neuauflage, hrsg. von Monika Melchert, Berlin Trafo-Verlag 2005.
Aus der Novelle »Anna«, die 1917 unter Carl Sternheims Namen erschien, in Wahrheit aber von seiner Lebensgefährtin stammte, entwickelte Thea Sternheim einen grossen Roman, der die europäische Welt von 1910 bis 1920 spiegelt.
Anna wächst in Frankfurt auf, geht dann in jungen Jahren nach Belgien, wo sich ihr Schicksal mit dem der Russin Nadja und dem der Französin Marie verknüpft. Diesen wunderbar gezeichneten Frauengestalten stehen interessante Männer gegenüber: Der kultivierte Antiquar Jean van Maldeghem, der weise Arzt David, der Dandy Freddy und Durtin, der Franzose, der deutsche Mystiker übersetzt.
Die Handlung ist vielfach verschlungen und spannend, stark ausgeprägt ist ein Zug des Sucherischen, Religiösen.
(Klappentext der Erstausgabe 1952)»Die ›Sackgassen‹ haben – und das läßt sich nur von wenigen deutschen Romanen der letzten Jahre behaupten – europäisches Format. Himmel und Hölle sind in diesem Buch; im ›Fegefeuer der Erfahrung‹ steht die Generation, der heute die Schuld an zwei großen Kriegen zugeschrieben wird. Ihr geistiges, religiöses und politisches Abenteuer wird sichtbar und macht das Folgende verständlich.
Bestimmt und kritisch steht Thea Sternheim über ihrem Werk, aber sie ist auch mitten drin, erlebend, erleidend und suchend. Sie hat sich mit allem Wissen und Glauben verirrt, aber sie hat den Mut zum Irrtum und zum Bekennen, in äußerster Ehrlichkeit. Sie entscheidet sich für das ›Im Dunkel leben, im Dunkel tun, was wir können‹, weil ihre Fragen unbeantwortet bleiben müssen und Gott hier mit abgewendetem Gesicht spricht. Die Kreise, die sie, aus dem Dunkel heraus, beschreibt, berühren eine Lichtung, schließen sich aber – im Leben, im Fragwürdigen, dem legitimen Gegenstand des Erzählens.«Ingeborg Bachmann, »Wort und Wahrheit« (1952)
»Ich frage mich, warum mich dieser Roman so erregen kann. Die Gesellschaft, die er beklagt und anklagt, hat sich nur in trübseligen Resten erhalten. Ist es der Wunsch, die Wurzeln unseres Jahrhunderts zu erkennen? Oder sind die Sackgassen, in denen das Echo zweier Kriege widerhallt, nicht unter den Ruinen verschwunden? Sind sie, als eine der Antworten auf die Irrungen der europäischen Seele, bestehengeblieben? Ich bin nicht sicher, wenngleich mir das Schicksal Annas legendär vorkommt, wie der Bericht aus einer unendlich entfernten Epoche.«
Peter Härtling, Vergessene Bücher (1983)
»Im Titel des Romans ›Sackgassen‹ kulminiert der kritische Blick der Autorin auf ein Zeitalter, das sich in den Strudel der Vernichtung gestürzt hat. Sie seziert die Lebensformen von Menschen, die dieses Zeitalter hervorgebracht hat und die ihm ihr Gepräge verleihen. Ihr besonderer Zugriff ist dabei nicht von nationalem, sondern von einem europäischen Erfahrungshorizont bestimmt, der ihr durch ihren Lebenshintergrund und durch die Beziehung zu vielen bekannten Intellektuellen und Künstlern zur Verfügung stand. In dieser europäischen Perspektive liegt auch das besondere Format des Buches. Es kommt durch die Handlungsorte und den europäischen Zuschnitt des Personals zur Geltung […]«
Ursula Reinhold, Neues Deutschland (2006)
Erinnerungen
Thea Sternheim: Erinnerungen, hrsg. von Helmtrud Mauser in Verbindung mit Traute Hensch, Freiburg i. Br.: Kore Verlag 1995.
»Thea Sternheims ›Erinnerungen‹ beginnen mit ihrer Geburt und enden 1930, als Carl Sternheim Pamela Wedekind heiratet. Nach allem, was wir wissen, begann sie 1936 mit der Niederschrift. Im gleichen Jahr erschien Carl Sternheims Autobiographie »Vorkriegseuropa im Gleichnis meines Lebens« (Querido Verlag Amsterdam). Man kann vermuten, dass Sternheims Darstellung ein wichtiges Motiv für ihre Erinnerungsarbeit war und ihr daran lag, seiner Version des gemeinsamen Lebensabschnittes ihre eigene Sicht entgegenzustellen. […]
Gerade weil sich Thea Sternheims ›Erinnerungen‹ von den autobiographischen Darstellungen anderer Frauen ihrer Zeit (z.B. Alma Mahler-Werfels, Erika Manns, Emmy Ball Hennings) deutlich unterscheiden, sollen sie hier in ihrer Authentizität – also ungekürzt – der Öffentlichkeit vorgestellt werden. […] Ich wünsche mir Leserinnen und Leser, die bereit sind, den oft verschlungenen Pfaden des Textes zu folgen, um in ein Inneres zu gelangen, in dem in vielen Spiegeln das Selbstbildnis einer Frau aufscheint. Thea Sternheims ›Erinnerungen‹ stehen in einer Tradition, die Elemente der Familienchronik genauso umfasst wie Formen der weiblichen Brief- und Tagebuchkultur. Es war für sie offensichtlich wichtig, Briefe und Tagebuchnotizen wörtlich zu übernehmen und sie nicht nur als Erinnerungsstützen zu benutzen.«
Aus dem Nachwort der Herausgeberin Helmtrud MauserTagebücher 1905–1927
Thea Sternheim: Tagebücher 1905–1927, Die Jahre mit Carl Sternheim, hrsg. von Bernhard Zeller, bearbeitet von Heidemarie Gruppe, Mainz: v. Hase & Koehler 1995.
»Tagebücher, die über die Jahre und Jahrzehnte hinweg regelmässig, ehrlich und offen, auch mit einiger Ausführlichkeit, doch ohne eine spätere Publikation bedenkend, geführt wurden, sind wichtige Zeugnisse menschlicher Kultur, zumal dann, wenn die Verfasser über ihren individuellen Umkreis und ihren privaten Alltag hinauszublicken vermochten und mit ihrer Person und mit ihrem eigenen Erleben das allgemeine Interesse berühren. […]
Thea Sternheim hat sich, nicht zuletzt aus den Verzweiflungen ihres schwierigen Lebens, immer wieder in das Tagebuchschreiben geflüchtet, sich ihm anvertraut, mit ihm gleichsam einen fortdauerenden Dialog geführt. So sind diese Diarien zunächst vor allem ein bewegendes menschliches Dokument. Aber da diese Frau die Frau des Schriftstellers Carl Sternheim war und ihn und sein Werk in den entscheidenden Phasen seines Lebens begleitet, ja auch eng mit ihm zusammengearbeitet hat, und diese Partnerschaft trotz schroffster Auseinandersetzungen für Sternheims Werk von grosser Bedeutung war, kommt den Aufzeichnungen auch in ihrer Eigenschaft als literarische Quelle aufschlussreiche Bedeutung zu. Schliesslich bilden sie ein interessantes zeitgeschichtliches Dokument, denn die Sternheims standen inmitten der kulturellen Szene ihrer Zeit; die Welt des Theaters, die Welt der modernen Künste waren für Jahrzehnte die Bühne, auf der sie sich bewegten.«
Aus dem Vorwort des Herausgebers Bernhard ZellerRenée Sintenis
Thea Sternheim (als Übersetzerin): René Crevel: Renée Sintenis, Deutsch von Thea Sternheim, Berlin und Leipzig: Klinkhardt & Biermann 1930.
Im Auftrag des Galeristen und Kunsthändlers Alfred Flechtheim (1878-1937) übersetzte Thea Sternheim im Jahr 1929 den Text des französischen surrealistischen Schriftstellers René Crevel zur Künstlerin Renée Sintenis; der Essay erschien im Band 57 in der Reihe »Junge Kunst« (mit Abbildungen und Werkverzeichnis der Künstlerin).
Renée Sintenis (1888–1965) war eine deutsche Bildhauerin, Radiererin, Malerin und Illustratorin. In den 1920er und 1930er-Jahren war sie international anerkannt; ihre Werke wurden u.a. in Berlin, Paris, London und New York ausgestellt. Kleinformatige Tierskulpturen, Statuetten von Sportlern, Porträtbüsten, Frauenakte, zahlreiche Zeichnungen und Radierungen befinden sich weltweit in öffentlichen und privaten Sammlungen.Anna
Thea Sternheim: Anna, in: Carl Sternheim: Mädchen, Leipzig: Kurt Wolff Verlag 1917. S. 7-59.
Unter dem Namen von Carl Sternheim erscheint »Anna« zusammen mit Sternheims Erzählungen »Geschwister Stork« und »Meta« im Februar 1917 in einem Band mit dem Titel »Mädchen« im Verlag Kurt Wolff. Dass die Erzählung »Anna« aus Thea Sternheims Feder stammt, wird erst 1920 mit deren Übersetzung ins Ungarische bekannt.
Am 2. Februar 1916 erwähnt Thea Sternheim erstmals in ihrem Tagebuch, dass sie an dieser Erzählung arbeitet: »Ich lache mit Karl: Ich schreibe auch eine Erzählung. Setze mich hin und schreibe die ersten Seiten von Annas Kinderleben. Und lese sie abends mit rotem Kopf und bebender Stimme Karl vor, der sie gut findet und mich lobt.« Bis zum Erscheinungstermin im Februar 1917 schreibt Thea Sternheim, wie sie im Tagebuch meist nur knapp vermerkt, immer wieder an dieser Erzählung, die zeitweise den Titel »Die Begegnung« oder »Die Schwestern Palm« trägt. Ab 1919 formuliert sie den Wunsch, den Stoff zu überarbeiten, zu erweitern und in eine neue Form zu bringen. So notiert sie am 20. Juni 1919: »Sehnsucht in mir den zweiten Teil Anna zu schreiben, überhaupt Drang, das, was mich jetzt so intensiv bewegt, dass es den Eindruck der richtigen äusseren Ereignisse ganz verdrängt, in Worte zu fassen und es somit auch für andere (welche andere?) auszusprechen.« In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wird die Autorin an diesem zweiten Teil ihrer »Anna« arbeiten, die neben ihrem Tagebuch ihr zweites Lebenswerk sein wird: Erst im Jahre 1952 erscheint der Roman »Sackgassen« im Limes Verlag Wiesbaden.
Publikationen über Thea Sternheim
(Auswahlbibliographie; Schwerpunkt Biographie)
Keiner wage, mir zu sagen: Du sollst!
»Keiner wage, mir zu sagen: Du sollst!« Thea Sternheim und ihre Welt, hrsg. von Thomas Ehrsam und Regula Wyss, Göttingen: Wallstein Verlag 2015. 214 S., 166 Abb., davon 32 Seiten in Duoton, Klappenbroschur, 17 x 24, ISBN: 978-3-8353-1769-7
Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung in der Universitätsbibliothek Basel vom 18.9. bis 28.11.2015. Thea Sternheim ist durch die fünfbändige Edition ihrer Tagebücher, die »zu den großen Zeugnissen des vergangenen Jahrhunderts zählen« (SWR), bekannt geworden.
Sie zeigen eine Frau mit einem bewegten Leben, deren Persönlichkeit ebenso fasziniert wie ihre Beziehungen zu den Größen der Literatur und Kunst in Deutschland, Frankreich, Belgien und der Schweiz. Hellwach kommentiert sie die Entwicklungen in Politik, Literatur und Kunst, und mit großem Ernst und mit Schonungslosigkeit hält sie die familiären Katastrophen fest und den eigenen Kampf um Selbständigkeit. Immer gilt: Hier spricht eine Frau, die sich nichts vormachen lassen will.
Der reich bebilderte Band, der eine Ausstellung zu Thea Sternheim in der Schweiz und in Deutschland begleitet, zeichnet ein facettenreiches Porträt dieser Frau. Eine umfangreiche Chronik folgt mit Zitaten, Bildern und Kommentaren dem Leben der Diaristin. 32 in Duoton gedruckte Seiten geben erstmals einen größeren Einblick in das eindrucksvolle fotografische Schaffen Thea Sternheims mit Porträts von Carl Sternheim, Mopsa Sternheim, André Gide, Julien Green, René Crevel, Ernst Stadler, Annette Kolb und vielen anderen.
(Verlagsinformation)»Thea Sternheim (1883-1971) war eine höchst faszinierende Person. Die Tochter eines katholischen deutschen Fabrikanten, Autorin, Kunstsammlerin, von 1907 bis 1927 mit dem Dramatiker und Erzähler Carl Sternheim verheiratet, sah die braune Gefahr früh. 1932 emigrierte sie nach Paris, wo sie die nächsten dreissig Jahre lebte. Ihr Hauptwerk ist ihr Tagebuch, das sie über 65 Jahre hinweg systematisch führte. Die Schweizer Germanisten Thomas Ehrsam und Regula Wyss haben 2002 bei Wallstein eine fünfbändige Edition dieses einzigartigen Zeitzeugnisses herausgebracht [2., durchgesehene Aufl. 2011]; nun legen sie nach mit einem materialreichen, für Sternheim-Leser unentbehrlichen Text-Bild-Band. Er versammelt Texte zu Leben, Denken und Werk der Autorin mit einem Überblick über ihre Kunstsammlung (7 van Goghs!) und einem in Duoton gehaltenen Bildteil mit ihren besten Porträtaufnahmen. Thea Sternheim war auch eine passionierte Fotografin. André Gide und Klaus Mann, Annette Kolb, Julien Green und viele andere hat sie auf wunderbaren Bildern festgehalten. Die zweite Hälfte des Bandes bildet eine reichhaltige Chronik mit Zitaten aus den Tagebüchern und Fotos in der Marginalspalte. Ein ganzer Kosmos ersteht hier vor uns.«
Manfred Papst, Neue Zürcher Zeitung
»Der geistige Kosmos dieser Frau ist beeindruckend. Sie kannte in der Kunstszene ihrer Epoche alles, was Rang und Namen hatte, schrieb fast sieben Jahrzehnte lang Tagebuch und porträtierte darin bedeutende Schriftsteller und Maler, ist Autorin eines Romans und als Fotografin eine bemerkenswerte Porträtistin: Thea Sternheim, geb. Bauer (1883–1971), Ehefrau und Muse des Dramatikers Carl Sternheim. Und dennoch war sie eine beinahe Vergessene, bis 2002 im Wallstein Verlag die große, fünf Bände im Schuber umfassende Ausgabe ihrer Tagebücher erschien, hervorragend ediert und kommentiert von den beiden Schweizer Herausgebern Thomas Ehrsam und Regula Wyss. Seitdem ist sie zumindest den an der Zeit von Weimarer Republik und Exil Interessierten ein Begriff. Ihr einziger Roman “Sackgassen,” 1952 mit Unterstützung ihres lebenslangen Freundes Gottfried Benn zur Veröffentlichung gebracht (2005 neu herausgegeben von Monika Melchert in der Reihe “Spurensuche. Vergessene Autorinnen wiederentdeckt”), fand kaum je die Aufmerksamkeit, die ihm gebührte. Umso verdienstvoller der jetzt vorliegende Band, reich bebildert, der der Autorin Thea Sternheim in den verschiedenen Bereichen ihres Wirkens nachforscht. Thomas Ehrsam und Regula Wyss haben ihn und die gleichnamige Ausstellung (September bis November 2015 in Basel zu sehen gewesen) konzipiert.
Vier thematisch orientierte Aufsätze dringen tief in die geistige Welt der Thea Sternheim ein; hinzu kommt eine Dokumentation der Sammlung Sternheim, denn das Ehepaar Sternheim gehörte in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu den ersten und bedeutendsten Sammlern moderner expressionistischer Künstler in Deutschland (van Gogh, Picasso, Gauguin, Matisse u.a.), sowie eine außerordentlich akribische Chronik ihres Lebens 1883–1971.
[…]«»Gekrönt wird der Band durch zahlreiche Abbildungen in Duotontechnik, die erstmals in dieser Fülle einen Überblick über das fotografische Schaffen der Thea Sternheim seit 1905 geben. Darin finden sich Porträts ihres Mannes Carl Sternheim und der Kinder Dorothea (genannt Mopsa) und Klaus sowie bedeutender Künstler, mit denen sie befreundet war, darunter Frans Masereel, André Gide, Annette Kolb, Gottfried Benn, Max Ernst, Julien Green oder Klaus Mann. Thea Sternheims ungeheure Vitalität wird auch deutlich in ihrem Vermögen, immer wieder neue freundschaftliche Beziehungen einzugehen, insbesondere auch in der Zeit ihres Pariser Exils und den Nachkriegsjahren, und diese Freunde zu porträtieren.
[…]«Monika Melchert, Independent Scholar
[Rezension als PDF herunterladen]Abschied im Adlon
Monika Melchert: Abschied im Adlon. Die Geschichte von Thea und Carl Sternheim. Roman, Berlin: vvb Verlag für Berlin-Brandenburg 2013.
Als sie sich 1903 kennenlernen, sind beide bereits vergeben. Doch es ist Liebe auf den ersten Blick. Der junge Schriftsteller Carl Sternheim, später ein sehr erfolgreicher Dramatiker, und Thea Löwenstein, geborene Bauer, eine Millionenerbin und selber hochbegabt, beschliessen, alles hinter sich zu lassen und gemeinsam ein neues Leben zu beginnen. Beide schwimmen im Glück. Zwei Kinder werden geboren, ein luxuriöses Anwesen nahe München entsteht, doch der Alltag einer bürgerlichen Ehe hält ihrem hohen Anspruch nicht stand…
(Verlagsinformation)»Höhen und Tiefen einer Künstlerehe: Monika Melchert erzählt die Geschichte von Thea und Carl Sternheim. Der faszinierende Einblick in eine untergegangene Welt verbindet sich in diesem Buch mit dem minutiösen Psychogramm einer Ehe – geradezu paradigmatisch erscheint Carl Sternheim, der bedeutendste Dramatiker aus der Generation vor Brecht, in seiner existenziellen Abhängigkeit von seiner Frau Thea. […]
Das Verdienst der kenntnisreich, mit Sensibilität und stilistischer Eleganz erzählten Geschichte der Sternheims, die Monika Melchert uns hier gleich einem Sternheimschen Drama vor Augen führt, ist es, die Bedeutung des Dramatikers und scharfzüngigen Kritikers der wilhelminischen Epoche herauszuarbeiten und zugleich den Preis, den seine Frau und seine Familie bezahlt haben. Mit wachsender Anteilnahme und Respekt verfolgt man den Weg Thea Sternheims, die ihrem Mann auch nach der Trennung loyal verbunden blieb, durch die dramatische Liebes- und Ehegeschichte und die kaum weniger dramatischen Katastrophen ihrer Zeit, zu der zwei Weltkriege gehörten.«Sonja Hilzinger, Neues Deutschland
Von der Liebe noch nicht der Beweis.
Egon Karter/Wolfgang Wendler: Von der Liebe noch nicht der Beweis. Ein Drama um Carl und Thea Sternheim, in Szene gesetzt aus Zitaten ihrer Briefe, Tagebücher und Selbstzeugnisse, München: Luchterhand 1994.
Der verheiratete Carl Sternheim verliebt sich unsterblich in die verheiratete Thea Loewenstein, sie erwartet ein Kind von ihm – ein Skandal. Nach der Auflösung ihrer Ehen heiraten die beiden, ein Mann und eine Frau, die im Denken und Fühlen nicht gegensätzlicher sein könnten: auf den Himmel der Liebe folgt die Hölle der Ehe.
Egon Karter und Wolfgang Wendler haben aus Originaltexten – Briefen, Tagebüchern und Selbstzeugnissen von Carl und Thea Sternheim – Himmel und Hölle eindrucksvoll in Szene gesetzt.
(Verlagsinformation)«Leben Sie wohl und bleiben Sie mir gut!»
Zum Briefwechsel zwischen Thea Sternheim und Marguerite Schlüter.
Von Regula Wyss.
Die Heinrich Enrique Beck-Stiftung, Basel, erwarb im Herbst 2018 mehrere Briefkonvolute mit Korrespondenzen von Marguerite Schlüter (1928–2018), Lektorin des Limes Verlags, Wiesbaden, mit der Autorin Thea Sternheim (1883–1971). In der Folge schloss die Stiftung mit dem Deutschen Literaturarchiv einen Leihvertrag ab und deponierte die Dokumente in Marbach. Zwei Konvolute enthalten Schriftstücke von Thea Sternheim an Marguerite Schlüter, abgelegt in 2 Mappen: In der ersten befinden sich 60 handgeschriebene Briefe, Postkarten und kleinformatige Kärtchen aus den Jahren 1952–1960, in der zweiten Mappe sind es 36 Briefe, Kartei- und Postkarten sowie Zeitungsausschnitte aus den Jahren 1961–1970. Ein weiteres Konvolut enthält die Korrespondenz Marguerite Schlüters an Thea Sternheim aus den Jahren 1960–1970 (zusätzlich ein förmlicher Brief datiert vom 18.6.1957), diese 25 Briefe sind mit Schreibmaschine geschrieben. Zusätzlich befinden sich in diesem Konvolut 18 Blätter mit in Kurzschrift abgefassten oder handschriftlichen Briefentwürfen. Es fehlen sämtliche Antwortschreiben Schlüters aus den Jahren 1952–1960. Einen sehr ausführlichen Brief, datiert vom 11.5.1956, klebte Thea Sternheim unter dem Datum 13.5.1956 in ihr Tagebuch ein. Darin berichtet Marguerite Schlüter hauptsächlich über gesundheitliche Probleme Gottfried Benns und über die Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag des Dichters in Berlin. Einige Passagen aus Briefen Schlüters (die uns nicht vorliegen) zitiert Thea Sternheim in ihrem Tagebuch. Es gibt grosse zeitliche Lücken in dieser Korrespondenz. Nicht nur ist die Anzahl Briefe Schlüters an Sternheim geringer, auch die zeitlichen Abstände sind grösser.